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Dieser Artikel erschien in der KNA (Katholische Nachrichten Agentur GMBH) Ökumenische Informationen am 27. September 2005 Nr. 39/40

 "Viele kleine Steine bauen ein Haus“

Deutsch-palästinensischer „Friedenskoch“ Jalil Schwarz erhält Auszeichnung

Von KNA-Mitarbeiter Johannes Zang *              Nr. 39/40, 27.September 2005

 In der Theologischen Hochschule Frankfurt - St. Georgen ist zum sechsten Mal am 18.September 2005 der INTR°A-PROJEKTPREIS für Komplementarität der Religionen vergeben worden. Im Rahmen der Tagung zu Orientbildern in Europa und im Orient verlieh die in Dortmund ansässige Interreligiöse Arbeitsstelle den INTR°A-Projektpreis an die Projekte Interreligiöses Seelsorgezentrum am Universitätskrankenhaus Utrecht sowie an das "Abrahamszelt - Freunde und Förderer des Interreligiösen Kindergartens in Ramle/Israel".

Damit würdigte die internationale Jury die deutsche Unterstützung beim Bau eines Ganztagskindergartens für Juden, Christen und Muslime in Ramle/Israel und die Antriebskraft hinter dieser Initiative, < Jalil Schwarz >. Denn der gebürtige Palästinenser aus dem Rheinland hat einen Großteil des nach Israel fließenden Geldes eigenhändig "erkocht."

Doch wie kam der gelernte Elektrotechniker zum Kochen? Als Schwarz wieder einmal seine Heimatstadt Ramle zwischen Tel Aviv und Jerusalem besuchte, sah er die Bauruine des christlichen Begegnungshauses. Weil das Geld fehlte, konnte nicht weitergebaut werden. „Da habe ich mich gefragt, was ich persönlich tun kann.“ Die Antwort hieß Kochen, „denn das kann ich“. So war die Idee geboren, bei Hochzeiten und Geburtstagen die Festgäste zu bekochen – als „Friedenskoch“, wie auch seine Internetseite heißt. Schon mehrmals hat er Tausend Gäste bei Katholiken- und Kirchentagen kulinarisch verwöhnt. Regelmäßig sind die Gäste begeistert von „Mjaddara“, dem biblischen Linsengericht. Es spielt auf die Begebenheit im Alten Testament an, als Jakob seinen Bruder Esau um ein Linsengericht das Erstgeburtsrecht abtrotzte. Den Kreuzkümmel schmeckt man deutlich heraus - er erst verleiht dem Gericht die orientalische Note. Immer wenn nach dem Mahl Jalil in palästinensischer Kleidung den Mokka ausschenkt, umweht die Festgäste ein Hauch aus den Märchen aus Tausendundeiner Nacht.

Die Nacht – Jalil Schwarz hat sie schon als Kind erlebt. Als er sieben Jahre alt war, starb seine Mutter. Er war elf, als „die kriegerischen Handlungen zwischen den gut ausgebildeten und organisierten jüdischen Untergrundorganisationen und der arabischen Bevölkerung zunahmen“. Mit zwölf hörte er  - im libanesischen „Exil“ - , dass israelische Truppen die Heimatstadt Ramle eingenommen hatten. Was mit den Angehörigen passiert war, blieb im Dunkeln. Nach zwei Jahren kam er schließlich nach Bethlehem, mittlerweile jordanisch besetzt. „Erst hier erfuhr ich von Verwandten, dass mein Vater und meine Geschwister noch am Leben waren.“ Durch das Rote Kreuz wurde Flüchtlingen wie Jalil erlaubt, 36 Worte auf eine Postkarte zu schreibe Da zwischen Israel und den arabischen Ländern keine Postverbindung bestand, schickte Jalil die Post an seinen Neffen in den Vereinigten Staaten, der sie schließlich nach Ramle weitersandte. Ein Umweg von Tausenden von Kilometern – wo der Zielort keine hundert Kilometer entfernt lag! An Weihnachten erlaubte die israelische Regierung ihren christlichen Bürgern, den Grenzübergang „Mandelbaumtor“ in Jerusalem zu überqueren, um nach Bethlehem zu reisen. Diese Regelung galt nur für eine Person pro Familie und nur für 36 Stunden. Jalils Vater in Ramle, auf israelischem Staatsgebiet gelegen, machte sich auf nach Jerusalem. „Die Hälfte der Zeit verbrachte man an der Grenze mit Formalitäten und Leibesvisitationen“, erinnert sich Jalil. Wenigstens konnte er – erstmals nach vier Jahren – für einige Stunden seinen Vater wiedersehen, im „jordanischen“ Bethlehem. Und erst während des Studiums in Deutschland und dank des deutschen Passes war es ihm möglich, nach zwanzig Jahren seine Geschwister in die Arme zu schließen, die mittlerweile schon Kinder hatten.

Jalil Schwarz, der am eigenen Leib Krieg, Flucht und Heimatlosigkeit erfahren hat, träumt davon, dass eines Tages im Heiligen Land, Juden, Christen und Muslime, „die Kinder Abrahams“ friedlich miteinander leben.

Die anstehende Preisverleihung ist  für den Friedenskoch nicht nur ein Grund zur Freude, sondern „eine Bestätigung und Ermutigung, dass wir auf dem richtigen Weg sind, im Heiligen Land etwas Frieden schaffen zu wollen und zwar von Kindesbeinen an.“ Der Weg sei leider noch lang und holprig. Auch deshalb bittet Schwarz weiterhin um ideelle und finanzielle Unterstützung, „damit wir bald mit dem Bau eines Ganztagskindergartens für Juden, Christen und Muslime beginnen können.“ Dort sollen auch einmal Theateraufführungen, Konzerte, Seminare und interreligiöse Dialoge stattfinden. „Es ist ein wichtiger Beitrag für den Frieden im Nahen Osten“, urteilt der Friedenskoch, der damit auch beitragen will, dass die wenigen Christen des Heiligen Landes „als lebendige Steine im Lande bleiben.“

Von unserer Agentur gefragt, was ihm Hoffnung für den Nahen Osten gebe, antwortet Jalil Schwarz: „Gott gibt mir die Hoffnung immer wieder aufs Neue. Wenn ich keine Hoffnung hätte, dass etwas geschieht, hätte ich schon lange aufgegeben.“ Wenn man nichts tue, passiere auch nichts. „Meine Devise heißt: viele kleine Steine bauen ein Haus.“  

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